Moor und Marsch.
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erheblich ist auch der Nutzen, der von der Narbe des Hochmoors durch Hutungen und
Hieb von Heidplaggen zum Düngen und zur Streu gewonnen wird. Die „Moordamm-
Kultur" besteht in der Bedeckung des Tiefmoors, das vorher entwässert sein muß,
mit einer 11 cm starken Moorschicht, die aus Gräben entnommen ist, und dann
mit Sand. Dadurch werden die Wachstumsbedingungen für Ackerfrüchte so günstig
gestaltet, daß die derartig behandelten Böden an Höhe und Sicherheit der Erträge
dem besten Marschboden gleichkommen. Endlich aber hat der Chemiker das unan-
gegriffene Hochmoor selbst erobert, indem er den Bauer lehrte, künstlichen Dünger in
seine bare, blanke Narbe zu tun, und nunmehr wogen auf der ehemaligen Wüstenei
die schönsten Roggenfelder, während die Niedermoore zu ertragreichen Wiesen oder
Weiden aufgebessert werden.
Dennoch beruht die zweckmäßigste Nutzung auf der Fehnwirtschaft (Fenn, Fehn,
Venn — Morast). „Sie bedingt^ zunächst die völlige Abtorfung der Fläche, wobei
die oberste, als Brenntorf nicht verwendbare Schicht, die .Bunkerde' (Moostorf und
Heiderde), in Stücken von 0,30 — 1 m ,abgebunkt', d. h. auf den schon abyetorsten
Untergrund geworfen wird. Sodann wird sie mit mindestens 10 cm Sand bedeckt,
der mit der obersten Schicht der Bunkerde durch mehrmaliges Pflügen eng vermischt
wird. Die so gewonnene Ackerkrume verlangt in der ersten Zeit eine sehr starke
Düngung, gibt dann aber vorzügliche und sichere Ernten. Die Bunkerde verzehrt sich
in wenigen Jahrzehnten, und es bleibt, da der Untergrund des Moores meistens aus
schwach eisenhaltigem Sand und nur ganz selten aus Lehm und Klei besteht, ein Humus-
reicher Sand als Ackererde zurück." Damit aber dieses erfreuliche Ergebnis erzielt
werden kann, ist eine umfangreiche Wasserwirtschaft Vorbedingung. Ein Hauptkanal
vom abzutorfenden Moor nach dem nächsten Flusse oder einem andern Kanal muß
gezogen werden, und wenn das Werk recht gedeiht, begleitet ihn später ein paralleler
Wasserzug für die schnellere Hin- und Rückfahrt: beide werden durch rechtwinklig
einlaufende Kanäle vereinigt. Die Hauptwieke ist „die Mutter der Fehntjers, die ihm
Milch und Brot gibt". An sie gliedert sich das Netz der kleineren Wasserstraßen, der
Inwieken und Hinterwieken, daneben auch der Landstraßen, und wenn da günstige
Absatz- und auch Abwässerungsbedingungen vorhanden sind, entwickelt sich im Laufe
der Jahrzehnte ein rechtwinklig gegliedertes Gitterwerk von Gehöften, schließlich eine
Stadt. In mustergültiger Weise ist die Fehnfrage gelöst worden von der holländischen
Stadt Groningen, aber die niedersächsischen Fehne sind — mit Ausnahme der olden-
burgischen und der älteren im Reg.-Bez. Stade ans dem 18. Iahrh. — weit hinter
diesem Muster zurückgeblieben. Die meisten sind aus Mangel an Erfahrung oder an
Mitteln in minder gelungenen Versuchen steckengeblieben; auch das Papenburger, eins
der größten unter den deutschen, steht den holländischen stark nach. Die für alle nord-
westlichen Moore wirkende Zentral-Moorkommission in Bremen und ihre Versuchs-
station haben Wesentliches erzielt, aber große praktische Erfolge werden erst gewonnen
werden durch holländische Lehrmeister, die ihr Werk im Burtanger Moor begonnen
haben. Neuerdings hat eine starke, vom Staate geförderte Bewegung eingesetzt, die
Moore der Besiedlung zu gewinnen, sie hat vor allem die Nutzbarmachung der Hoch-
moore, nicht die Fehnwirtschaft zum Ziele, und in Hannover ist die erste amtliche
„Moorstelle" ins Leben getreten. Ihre Aufgabe ist es, alle bisherigen Erfahrungen
in der Moorkultur zu sammeln und zu verwerten.
Da, wo die Flüsse langsam und an den Küsten durch die Flut gestaut zum Meere
ziehen, lassen sie den Schlamm zu Boden fallen, den sie aus dem Berglande mit sich
führen, und dieser bildet dann das Marschland, das an den breiten Mündungsbusen
unserer großen Ströme sich am weitesten ausgedehnt. Zwischen den Mündungen der
Elbe und der Ems liegen 3386 qkm solchen Bodens, von dem etwa die Hälfte zweimal
täglich von Salzwasser überspült werden würde, wenn er nicht künstlich geschützt wäre.
' E.stumpfe, Die Besiedelung der deutschen Moore. Leipzig 1903, S. 104 ff.
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7. Die Moore zwischen dem Dümmer und der Aller. — 8. Die Lüneburger Heide. 29
Nienburg, das ist Neue Burg, Stadt (10) rechts an der Weser, alter Brücken-
und Hafenort, der auch allerlei Großgewerbe treibt. Im übrigen haben sich in dem
Ackerbau treibenden Dreieck zwischen Weser, Aller und der Breite von Hannover,
abgesehen von Celle (f. S. 30), nur kleinere Orte entwickelt, so an der unteren Aller
Ahlden, in dessen Schlosse 1694-1722 die „Prinzessin von Ahlden" lebte, die un-
glückliche Sophie Dorothea. - Im Gebiete der Fuse Burgdorf (4) und das Dorf
Sievershausen, bei dem 1553 Moritz von Sachsen fiel,' Denkmal. - An der oberen
Aller Gifhorn (4) und etwas abseits vom Flusse Fallersleben, Mittelpunkt von
mehreren Kaliwerken. Hier wurde 1798 Hofmann von Fallersleben geboren, der
Dichter von „Deutschland, Deutschland über alles".
8. Die Lüneburger Heide (f. Titelbild!)
besteht mit ihrer Fortsetzung im Stadefchen aus verschiedenen Höhenzügen, die
zusammen eine Art stark gewellten Hochlandes von mäßiger Erhebung bilden.
Sie erreicht 169 m im Wilseder Berge, dem Quellgebiete einer großen
Anzahl von Flüssen; nach der Aller und der Weser hin senkt der Rücken sich
langsam, nach der Elbe hin fällt er mit steilen Rändern ab. Bedeckt ist er
großenteils mit den Landen, welche die Schmelzwasser der zurückgehenden
Gletscher der Eiszeit ausgebreitet haben.
Dem Begriff „Heide" wird in verschiedenen Gebieten ein abweichender Sinn .zu-
gründe gelegt. Im allgemeinen kann bei uns darunter ein offenes Gelände ohne
erheblichen Baumwuchs verstanden werden, wo die Holzgewächse im wesentlichen aus
niedrigen oder Halbsträuchern bestehen (so P. Graebner). Der Lüneburger Heidrücken
ist größtenteils ein verwüsteter Waldboden und wirklich auf weite Strecken hin eine
Art Wüste geworden, „in der sich Wacholder, Heide und Besenpfriem Gesellschaft
leisten". Der Kampf der Heide mit dem Walde dauert schon Jahrhunderte hindurch,
und der Wald ist im Nachteile durch das Abwärtsspülen der Nährstoffe aus dem
lockeren Sande, durch Abhauen (Lüneburger Salzwerk) und die Bildung des Ort-
steins, der die Baumwurzeln tötet (so Sennes). Andere Stellen sind mit Kiefern und
selbst Fichten bestanden, und die beharrlichen Anstrengungen, die Heide wieder auf-
zuforsten oder in den Senken die saftig grünen „ Rieselwiesen" anzulegen, die eben
hier ihre Heimat haben, gehen einen guten Gang. Großartige Aufforstungen durch
die Provinzialverwaltung liegen in den Feldmarken von Örrel, Lintel und Bram-
bostel, und bei den Bahnhöfen türmen sich die großen Stapel von Grubenhölzern, die
nach den westfälischen Bergwerken und in die Kaligruben gehen. Auch fehlt es
keineswegs an anbauwürdigen Geestäckern, und das Einsammeln von Pilzen, Heidel-
und Kronsbeeren bringt ansehnlichen Verdienst. Die genügsame, tapfer aushaltende
Heidschnucke ist dem Heidbauern, soweit er noch nicht mit modernem Landwirt-
schaftsbetriebe vertraut ist, so unentbehrlich wie dem Lappen sein Renntier, aber mit
der Heide verschwindet auch die Schnucke und umgekehrt. Es mögen noch höchstens
90000 dieser gehörnten Wollträger vorhanden sein. Über die Fischzucht siehe S. 49. —
Die Heide besitzt auch manche Züge eigentümlicher Schönheit, den feierlichen
Ausblick über menschenleere Weiten, klare, plätschernde Bäche, anheimelnde Gehöfte
unter alten Eichen, uralte Steingräber und vor allem im Hochsommer Hügelauf,
hügelab die purpurne Decke des endlos blühenden Heidekrautes, voll summenden
Insektenlebens. Das sogenannte „Paradies der Heide", bei Fallingbostel an der
Böhme, mit seinem Saume von uralten, knorrigen Buchen ist recht malerisch. Aber
jetzt, wo die ehemalige Wildnis unter dem Andränge aus den umliegenden Groß-
städten und dem Anwachsen neuer Kulturen drauf und dran ist, das zu verlieren,
1 S. Bilderanhang S. 67.
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9. Der Kranz der Marschen und Moore um den Geestrücken.
31
Ein besseres Gepräge weisen die Höhenzüge im nördlichen und im östlichen
Lüneburg auf, die ebenso Wie die Heide zum Südlichen Landrücken gehören,
der erst bei Cuxhaven endet- ihr tonhaltiger Boden trägt vielfach schönen
Buchenwald. Sie beginnen nördlich vom Bruchlande des Drömling, das
auf künstlichem Wege nach der Aller und der Ohre hin (s. S. 22) entwässert
wird, und ziehen in nordnordwestlicher Richtung zum Teil über die Elbe
hinaus. Zu ihnen gehören:
a) Der Lemgow [lemgö], rechts der Jeetzel.
b) Der Drawehn (vom slawischen vrevjan — Holz), links vom Flusse, bis 142 m
hoch. Den bewaldeten Höhen hat der leicht bewegliche Sand die weichen Formen
gegeben. In der breiten Wiesenniederung der Jeetzel die drei kleinen Städte: das
alte Lüchow [lüchö], vom slawischen Luch — Sumpfland, Hauptort der ehemaligen
Grafschaft Lüchow, Dannenberg und auf einer Insel in der Einmündung in die
Elbe Hitzack er. Die beiden letzten Städte sind um deutsche Zwingburgen im wendischen
Lande entstanden,- im Schlosse von Dannenberg saß 1223-25 der König Waldemar Ii.
von Dänemark gefangen.
c) Der Name Göhrde im engeren Sinne kommt einem annähernd kreisrunden
Waldlande von 10 km Durchmesser zu, sie ist bis 150 m hoch. Ihr glänzender
Wildbestand hat von jeher die Herrscher des Landes zur Weidmannslust angelockt.
16. September 1813 Sieg der Verbündeten- Denkmal.
Dieser östlichste Winkel Hannovers zwischen der Elbe und Sachsen erinnert durch
seinen Namen, das Wendland, daran, daß die Bewohner bis zu einer Linie von
Bleckede südwärts einst Slawen waren. Viel Eigentümliches haben sie sich noch
bewahrt im Körperbau, in Kleidung, Sitten und in der hufeisenförmigen Bauart der
„Rundlingsdörfer", die nur einen Eingang besitzen.
9. Der Kranz der Marschen und Moore um den Geestrücken.
Die Marschen lagern an den Flüssen, vor allem an der Elbe und der
Weser, aber auch an der Oste, der Medem und der Geeste wie an den
kleineren, gewöhnlich durch einen breiten Streifen Moorlandes getrennt von
der hohen „Geestkante". Das Moor dringt an vielen Stellen tief in die
Geestrücken ein oder überlagert ihn als Hochmoor. Politisch gehört der weit-
aus größte Teil dieser Randgebiete zu den Reg.-Bez. Lüneburg und Stade,
kleinere Stücke zu Hamburg, Bremen und auch Oldenburg. Alte Landes-
namen: die Herzogtümer Bremen und Verden, jenes den größeren
nördlichen Teil von Stade bildend — ausgenommen das Land Hadeln, um
die Medem dieses die südliche Ecke- beide waren bis 1648 Bistümer,
wurden dann schwedisch, 1715 hannoversch.
a) Die Elbmarschen von Schnackenburg bis Harburg mit dem
rechtselbischen Anteile bis zur Rögnitz, nicht selten - so 1888 - von den
Hochfluten der Elbe arg bedroht.
Wie die meisten Städte in der Nähe unserer großen Flüsse und der See ist Har-
bürg am Rande einer Geestzunge erbaut, so daß es zugleich die Marsch berührt
(Grund?), und da diese Geestzunge bis an einen schiffbaren Elliarm vorspringt, so ist
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9. Der Kranz der Marschen und Moore um den Geestrücken.
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breiten Wassergräben eingeschlossene Gehöfte, stattliche Toreinfahrten, zierliche Blumen-
gärten, Fachwerkhäuser mit bemalten Balken und buntgefügten Ziegeln, 400000 Obst-
bäume, die im Frühjahr das „Kirschenland" in ein weißes Blütenmeer verwandeln^,
die schiffreiche Elbe - alles das gestaltet das Alte Land zu der anmutigsten aller
Marschen. Durch die Flüsse Lühe und Este wird es in drei „Meilen" geteilt, deren
erste an der Schwinge beginnt.
Am Geestrande das gewerbfleißige Städtchen Buxtehude (d. i. Buchengestade)
an der Este, und Stade (11), freundlich gelegen an der Schwinge, bekannt seit dem
10. Iahrh. Die ehemals blühende Hansestadt wurde durch mancherlei Unglücksfälle,
so den großen Brand von 1659, arg geschädigt: lange Zeit Festung, früher viel
genannt wegen des Stader Elbzolls, jetzt Beamten- und Garnisonstadt. In der Nähe
ein Salzwerk.
c) Zwischen der Schwinge und der Oste das Landkehdingen (Kaje = Gestade)
mit der großen, nicht eingedeichten Insel Krautsand, der schwerste Marsch-
boden, wie die folgende Marsch das Land der Ziegeleien, die von lippischen
Arbeitern betrieben werden.
Hauptort das Städtchen Freiburg a. Elbe: die Wohnorte begleiten wie im
Alten Lande mit langen Reihen von Häusern die Landstraße. Etwas unterhalb Stade
beginnt die Reihe der neun Küstenforts, die unweit Bremerhaven endet.
d) Die Oste-Marsch leitet hinüber nach dem Lande Hadeln^, das durch
den Geeste-Kanal und andere Wasserstraßen entwässert wird (s. S. 53): der
Überfluß des Wassers im Balksee wird durch den Neuhäuser Kanal abgeführt.
Im Lande Hadeln (früher den Herzögen von Sachsen-Lauenburg gehörend,
1732 mit Hannover vereinigt) ist der Hauptort die kleine Stadt Otterndorf (2), in
der 1778-82 der Dichter Ioh. Heinr. Voß als Rektor lebte. - Am Rande des Hadeler
Marschbusens erhebt sich der Geestrücken noch einmal zu 72 m in der Wingst, die
wegen ihres schönen Hochwaldes und ihres weiten Ausblickes über die Elbe hinaus
von den Bewohnern der waldarmen Umgebung viel aufgesucht wird.
e) An der Unterweser das Land Wursten ^ bis an die Geeste. Die
Endung um der friesischen Ortsnamen Dorum, Mulsum, Imsum usw.
bedeutet „Heim".
Um den bedeutenden Bremer Seehandelsplatz Bremerhaven an der Mündung der
Geeste haben sich auf hannoverschem Gebiete volkreiche junge Ortschaften entwickelt,
die mit jenem zusammen gegen 100000 Menschen bergen. Im N der Flecken Lehe,
mit 37451 Cinw. der größte Ort dieses an Mittelstädten armen Reg.-Bez.: Arbeiter-
bevölkerung. Südlich von Bremerhaven Geestemünde (25), besitzt einen ausgezeichneten,
1863 vollendeten Hafen, der zumeist dem Handel der Stadt Bremen dient, mehr aber
noch stützt sich das Erwerbsleben der Stadt auf den stattlichen, 1897 angelegten und
nachher erheblich erweiterten Fischereihafen. Allein 60 Fischgroßgeschäfte, 103 eigene
Seeschiffe, zumeist Fischereidampfer, 24600 t messend. Mit seinen 443600 t Seeverkehrs
ist Geestemünde der zweite Hasen der Provinz. (Siehe Bilderanhang S. 78.)
1 »Zur Zeit der Baumblüte, wenn das ganze Land wie in einen weißen und
rosigen Schimmer gehüllt erscheint und ein tausendsältiges, wohliges Leben darin summt
und schwärmt und jubelt, bietet es einen Anblick dar, dessen eigentümliche Zauber-
pracht mit nichts vergleichbar ist." - H. Allmers, Marschenbuch.
2 Hadeln von Haduloha — Hader- oder Kampfwald, zurückzuführen auf das
gewaltsame Eindringen der Sachsen in dies Gebiet.
3 Wortsaten, d. i. die auf Wurten Wohnenden: die Wurten sind künstliche Auf-
schüttungen, die notwendig waren, da das Land vor der Eindeichung besiedelt wurde.
O ehlmann, Landeskunde von Hannover und Braunschweig. 4. Aufl. 3
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Iv. Pflanzen- und Tierleben.
monat Juli, und auf den Sommer kommen 30-34% aller Niederschläge.
An den Küsten ist auch der Herbst sehr regenreich, denn es fallen hier in ihm
28-30°/» aller Niederschläge, im Frühling nur 18%.
Die größte Regenhöhe an einem Tage ist mit 72 mm bei Clausthal beobachtet
worden. An Schneetagen zählt Lingen 18, Braunschweig 41, Clausthal 72, der
Brocken 244 im Mittel. Die Gewitter treten am häufigsten im Juli auf, aus der
„Gewitterecke", dem Sw, kommend.
Iv. Pflanzen- und Tierleben.
Die Bodenbedeckung, die einem großen Teile unseres Gebietes sein eigenartiges
Gepräge gibt, ist das Heidekraut, überwiegend bestehend aus der gemeinen Heide
(Calluna vulgaris), daneben aus der fröhlicher aussehenden Doppheide (Erica tetralix).
Beide bedecken im Reg.-Bez. Lüneburg gegen 22, in Stade 28, Osnabrück 32% des
Bodens und geben nach der Auffassung hannoverscher Forstleute eine höhere Grund-
rente, als wenn sie „zur Hebung der Landeskultur" in Kiefernwälder verwandelt
würden. Entstanden sind die Heiden zum Teil aus sich selbst heraus durch die Ungunst
des Bodens, dessen feiner, kalkloser Sand nicht feucht genug ist, um Grasrasen zu
erhalten. Wird der Boden hinreichend durchfeuchtet, so schwindet die Calluna und
macht anderen Gewächsen Platz. Sie kommt demnach nur auf Sandboden und im
Hoch-, nicht im Tiefmoore vor. Die Lalluna schwindet aber auch, wenn der Heide-
boden sich selbst überlassen ist und durch menschliches Eingreifen in keiner Weise gestört
wird, denn alsdann wird sie in verhältnismäßig kurzer Zeit vom Waldwuchse über-
zogen, der noch im Mittelalter unsere jetzigen Heideflächen bedeckt hat, aber durch
unverständige Forstwirtschaft, im Lüneburgischen durch den Holzbedarf des uralten
Salzwerkes, zerstört wurde. Der Kreislauf muß danach im allgemeinen folgender
gewesen sein: Der Wald geht durch menschliches Eingreifen ein, sein Boden versumpft
und vermoort, auf den völlig ausgewachsenen und damit absterbenden Mooren (Hoch-
mooren) siedelt sich die Heide an, und diese würde wieder dem Buschwalde weichen,
wenn der Mensch nicht ihren Bestand künstlich unterhielte und wenn nicht der zu-
nehmende Ortstein das Einwurzeln der Waldbäume verhinderte. Cs gibt bei uns
keine sogenannten „Urheiden", denn die Lalluna wird nur etwa 15 Jahre alt, wird
aber immer wieder durch Plaggenhieb und Weide gezwungen, sich zu erneuern, wobei
der Viehbiß, der den Wacholder verschont, den Waldwuchs unterdrückt K — Eine
Charakterpflanze unseres Gebietes ist die mit glänzenden Blättern ausgestattete Stech-
palme (Ilex aquifolium) insofern, als sie einen Klimamesser abgibt und anzeigt, daß
an den Stätten ihres Vorkommens eine mittlere Iahreswärme von mindestens C
und eine mittlere Ianuartemperatur von 0° herrscht. Rur der äußerste So unseres
Gebietes und damit der Harz ist ihr verschlossen, und ihr fossiles Vorkommen zwischen zwei
Schichten, die genügend die Annahme längerer Kältezeiten rechtfertigen, ergibt allein schon
mit Sicherheit einen zeitweiligen starken Rückgang des Eises (s. S. 21). — Über Wald-
bedeckung und landwirtschaftliche Pflanzen siehe S.47f.,über die Moore S.22f.
Die Tierwelt unseres Gebietes ist geradezu klassisch für die Lebeformen des
Moores und der Heide, mehr als in irgendeinem anderen Deutschlands. Von den in
diesem vorhandenen 77 Säugerarten kommen 64 bei uns vor, und ungemein reich ist
die Vogelfauna, denn sie umfaßt 260 Arten, nämlich fast 160 Arten von Singvögeln,
8 Spechts-, 11 Eulenarten. Mandelkrähe und Wiedehopf find sehr selten geworden,
verschwunden ist der Uhu. Ausgerottet find Nerz und Biber, an den noch Ortsnamen
* Ernst L. L. Krause, Die Existenzbedingungen der nordwestdeutschen Heidefelder
(Globus 1895, Bd. 70).
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Extrahierte Personennamen: Erica Ernst_L._L._Krause Ernst
Die Lüneburger Heide an der mittleren Luhe. Im Gegensatz zu den beträchtlichen Hügeln an der oberen Luhe zeigt hier die Landschaft eine
sanftwellige Form. In ihrer tiefsten Rinne führt der Flusz seine stets klaren Wasser in Schlangenwindungen durch moorige Wiesen der Ilmenau zu. Wo der
Sandboden lehmhaltig ist, liegen im Windschutz knorriger Eichen, öfter umhegt mit einem Walle von Findlingsblöcken, umgeben von Wiesen und Äckern, nieder-
sächsische Langhäuser. Sie bilden zugleich Wohnstätte, Viehstallung und Scheuer der mühsam arbeitenden Heidebauern. Der Schäfer treibt seine Herde auf die
feuchteren Landstriche, wo Binsen, Sauergräser und Sumpfheide (Erica) locken Die kiesreichen Stellen schmückt im Frühling gelbblühender Einster, der jetzt im
Mittsommer dunkle Schoten trägt. Nun ist die Heide am schönsten. Sie schimmert und duftet im Purpurgewande des blühenden Sandheidekrautes (Calluna),
soweit das Auge über die menschenleere Fläche mit silberstämmigen Birken, mit Eichen, Wacholdern und Kieferngehölzen dringt.
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Landschaftskunde. — Das n.w.-deutsche Tiefland.
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die größere Wassermenge selbst in die Ems läuft. Die Wasserverteilung wird an dieser
Stelle jetzt künstlich geregelt.
Ii. Zwischen Weser und Werre das mannigfaltige Lippische Bergland.
Im hannoverschen Anteile der schön aufragende Klüt (261 m, 197 über der Weser),
bei Hameln.
Aufgabe: Zeichne nach der Karte S. 5 das hier besprochene Bergland in 2—3 sacher
Vergrößerung und trage die dort fehlenden Gebirge ein.
Das nordwcft-deutschc Tiefland im allgemeinen.
Das n.w.-deutsche Tiefland wird durch die Aller und die untere Weser-
geschieden in das Gebiet der großen Moore, im W., und in die Lünebnrger
Heide, im N.o. Die letztere umfaßt in weiterem Sinne den Sandrücken,
der erst bei der Elbmündung endet und der letzte w. Ausläufer des Südlichen
oder Karpatischen Landrückens ist. Durch den Zusammenhang mit dem letz-
teren ähnelt der ö. Teil unseres Gebietes mehr dem ö. Norddeutschland,
während die großen Moore des W. den Übergang nach den Niederlanden
bilden. In beiden Teilen umrahmen Marschen und Tiefmoore die Ränder der
Hochmoore und der Geest. Geest, Moor, Marsch, Watten und Sandinseln
sind die 5 Hauptteile unseres Flachlandes.
Die Oberfläche ist durch die Eiszeit gänzlich umgestaltet worden. Ungeheure Gletscher
liefen damals von den skandinavischen Bergen bis an den Rand unserer Mittelgebirge,
schoben vor sich her oder in ihren Grundmoränen mächtige Massen Lehms, Mergels und
Sandes, die stellenweise über 30m hoch aufgeschüttet liegen, und brachten auf ihrem Rückeu,
oder in den Eisstrom eingebettet, Geröll, Steinsplitter und mächtige Blöcke nordischen Ge-
steins mit sich, welche noch als Findlings- (ober erratische) Blöcke zahlreich aus Sand und
Moor aufragen. Keine einzige der Ablagerungen auf unserer Fläche, die Höhen wie die
Tiefen, ist ganz ohne Beimischung solcher nordischen Gesteine geblieben; nur hie und da
finden sich als Reste älterer Meere Muschelkalkbänke und durchbrechen andere Spuren
des Bodens der Tertiärzeit die diluviale Decke der Eiszeit.— Von den drei Eiszeiten,
die über den Boden Norddeutschlands gegangen sind und die von eisfreien Zeiten, Jnter-
glazial-Perioden, unterbrochen waren, hat im ganzen nur die größte, die zweite, auf
unserem Gebiete gewaltet. Sie hat ihre Wirkungen bis nach den Niederlanden hin, ja
noch über deren heutige Landgrenzen hinaus ausgedehnt.
Die etwas erhöhten Rücken haben im ganzen dieselbe Gestalt behalten, die ihnen
das „Schieben" durch die Eismassen gegeben hat. Sie bilden die sandige Geest (von
güst = unfruchtbar; so auch Insel Jnist, spr. jüst).
Als die Gletscher zurückwichen, begann die Arbeit der Flüsse. Wo der Abfluß der
Gewässer gehemmt war, bildeten sich auf dem Rücken der Geest die Hoch- oder Über-
wassermoore, welche fchwach uhrglasförmig gewölbt sind und in der Mitte einen dunklen
kleinen See zu tragen pflegen, während an den geneigten Rändern das Wasser Ablauf
findet. Daher rühren die zahlreichen kleinen Moorfeeen Ostfrieslands. Die narbige Fläche
des Hochmoors trägt Moose und Heide, der Wald ist vertilgt, niedrige Birken und spär-
liche Kiefern sind der ganze Baumwuchs. An den braunen Moorgewässern flattern die
silberweißen Fäden der „deutschen Baumwolle" (Eriophorum vaginatum). — An den
tieferen Stellen entstehen in den gestauten Gewässern die Unterwasser- oder Grün-
landsmoore, aus allmählich untersinkenden Pflanzenschichten gebildet. Die grüne Pflanzen-
decke, deren Gräser meist abgemäht werden können, zittert unter unserem Fuße; auf dem
Steinhude! Meere und anderen Gewässern werden wohl bei Sturm Stücke von ihr ab-
getrennt und abgetrieben und müssen dann mit Kähnen wieder an ihre Stätte zurück-
geschleppt werden.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
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Landeskunde von Braunschweig und Hannover.
Ausgenutzt wird das Moor zunächst zur Gewinnung von Torf, der in immer
mannigfaltigerer Weise verwertet wird. Doch ist dies eine Art Raubwirtschaft, die nur
dann zweckmäßiger ist, wenn unten guter Kleiboden gefunden wird; zumeist aber lagert
dürftiger Sand unten, und auch im Tiefmoore vergehen lange Jahre, ehe das Torfpolster
wieder die alte Höhe erreicht hat. Noch weniger gut steht es um das Abbrennen des
Moors, das zum Glück immer mehr abnimmt. Im Hochmoore wird die oberste Pflanzen-
decke im trocknen Frühjahr in Brand gesetzt, endlose Wolken braunen Moorrauchs
wälzen sich bis tief ins Mittelgebirge hinein, und in den durch die Asche gedüngten Bo-
den säet der arme Moorkolonist seinen Buchweizen. Aber nach etwa 6 Jahren ist die
Kraft des Bodens erloschen, und 30 Jahre muß er nun brach liegen. Nicht sehr erheb-
lich ist auch der Nutzen, der von der Narbe des Hochmoors durch Hutuugen und Hieb
von Heidplaggen zum Düngen und zur Streu gewonnen wird. Weit Bedeutenderes hat
geleistet die Fehnwirtschaft (Fenn, Fehn, Veen — Morast). Es werden Entwässerungs-
und Schiffahrtsgräben angelegt, der Torf zum Teil abgegraben und verfrachtet, und auf
dem übriggelassenen und mit dem Sande des Untergrundes gemengten Boden erblüht
behäbiges landwirtschaftliches Leben. Das sieht man an der Wümme, Oste, Hamme und
in Ostfriesland, ja die Stadt Papenburg mit ihrer rührigen Reederei ist aus einer Fehn-
kolonie erwachsen. Die „Moordamm-Kultur" besteht in der Bedeckung des Tief-
moors, das vorher entwässert sein muß, mit einer Sandschicht. Dadurch werden die
Wachstumsbedingungen für Ackerfrüchte so günstig gestaltet, daß die so behandelten Böden
an Höhe und Sicherheit der Ertrüge den besten Marschboden übertreffen. Endlich aber
hat der Chemiker das unangegriffene Hochmoor selbst erobert, indem er den Bauer lehrte
künstlichen Dünger in seine bare, blanke Narbe zu thuu, und nunmehr wogen auf der
ehemaligen Wüstenei die schönsten Roggenfelder. — Unter der Moordecke findet sich viel-
fach der Ort- oder Rafeneifenstein (f. S. 15s.).
Da wo die Flüsse langsam, aber ungehindert zum Meere ziehen, lassen sie den
Schlamm zu Boden fallen, den sie aus dem Berglande mit sich führen, und dieser bildet
daun das Marschland (7,3^ der Gesamtfläche von Hannover)'), das an den breiten
Mündungsbusen unserer großen Ströme sich am weitesten ausdehnt. Ist die Marsch
soweit in die Höhe gewachsen, daß sie über dem mittleren Spiegel des Meeres und der
Flüsse liegt, so wird sie durch Deiche geschützt. Dies sind Wälle mit steiler Innen- und
langsam abfallender Außenseite, welche letztere durch Stroh- oder Steinwandungen ge-
schützt ist. Ihre Unterhaltung kostet jährlich Hunderttausende. Die Binnengewässer werden
mittels Schleusen, Siele genannt, durch die Deiche hindurch abgelassen. Neu einge-
deichte Landstrecken heißen Polder; sie erinnern durch ihre Fruchtbarkeit an den Boden
Ägyptens, und im Anßendeichs-Lande reicht das saftige Gras dem weidenden Rindvieh
bis an den Bauch.
Vor der Küste ist durch das Spiel der Wellen und des Windes die Kette der Sand-
hinten2) aufgehäuft. Aber das ungestüm anbrandende Meer hat sie zerrissen und in
Inseln aufgelöst, es hat sich auch über das Marschland hinter den Inseln ergossen, da
es durch die Deiche nicht vollständig beschützt werden konnte. Im 14. Jahrh. begann der
Einbruch der See in die Gefilde, die jetzt der Dollart bedeckt, und entstand auch der
Jadebusen. „Nordsee, Mordsee". Das Schlamm- und Sandland der Watten
zwischen den Inseln und den Deichen wird täglich zweimal vom Seewasser bedeckt und
zweimal zum Teil trocken gelegt <Wattenpost nach Norderney!). Die Watten gewähren
ergiebigen Fischfang und für Küstenschiffe eine ruhige Fahrstraße vou der Südersee bis
zur Elbe. — Die Höhe einer gewöhnlichen Flut betrügt etwa 2 m, diejenige einer Sturm-
flut bis 8 m über dem Ebbespiegel.
Die Nordsee, besser das Deutsche Meer genannt, ist verhältnismäßig flach, in
der Nähe unserer Küsten selten über 20 m tief. Weit ragen in sie hinaus die sandigen
1) Die Geest umfaßt 73, das Bergland 19x-
2) S. die Bilder S. 52—53.
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Landeskunde von Braunschweig und Hannover.
der aus der Verbindung des Sandes mit den Eisenteilen entsteht, welche die gestauten
Gewässer ablagern.
b. Im äußersten S.w. l. von der Ems erhebt sich der Boden noch ein-
mal zu einer Fortsetzung des Osnings, den Bentheimer Hügeln, in denen
trefflicher Sandstein gewonnen wird. Malerisch ragt der Bentheimer Schloß-
berg über dem Niederlande empor.
c. Den ganzen Lauf der Hase begleiten schwellende Wiesen; große Forst-
strecken sind sodann der Bentheimer Wald und das neubepflanzte Gebiet
s.o. vom Hümmling, dem Herzoge von Arenberg-Meppen gehörig. Bei Sögel
das in Gestalt eines Kegelspiels erbaute Schloß Clemenswerth, einst Jagd-
schloß der Bischöfe von Münster.
cl. Teils zum Deutschen Reiche, teils zu den Niederlanden gehört das
Bouju^rtanger Moor, benannt nach den „Tangen", d. s. Sandstreifeu,
welche es zangenartig durchziehen. S.ö. davon die Engdener Wüste.
Im Bourtauger Moore, einem der ebensten Teile Deutschlauds, befanden sich in
den 70 er Jahren auf einer Fläche von 400 qkm nur 12 menschliche Niederlassungen.
Aber man geht dem Moore jetzt thatkräftig zu Leibe durch Anlegung von Kanälen, und
vor allem wird der Süd-Nordkanal (f. S. 39) zu seiner Erschließung dienen. Es sind
blühende provinzielle Fehnkolonien angelegt, und auch auf der holländischen Seite rückt
die Besiedlung der Grenze immer näher.
Im Norden r. der Ems leitet das Netz der Papenburger Fehnkanäle
hinüber nach einem günstiger gestellten Gebiete, nämlich nach
8. (Dstfricöland.
„Ostfreesland is'n Pankook, de Rand is dat Beste dran", d. h. es ist
ähnlich beschaffen wie das Herzogtum Bremen, in der Mitte Geest und Moor,
an den Rändern Marschen.
a. Die ostfriesischen Moore sind besser besiedelt als im allgemeinen
die übrigen; auf dem Hochmoore hausen, zum Teil angezogen durch das
Urbarmachungsedikt Friedrichs des Großen, überall Moorkolonisten, von denen
sich manche durch Fleiß und Sparsamkeit aus ihrer Armut aufgeschwungen
haben. Blühender ist der Betrieb in den großen Fehnen, z. B. Rhauderfehn
und Großefehn. Ein Teil der Moorfeeen speist den Ems-Jade-Kanal.
I). Um das Hochmoor lagern sich die Grünlandsmoore und folgende
größere Marschlandschaften: zwischen Ems und Leda das Oberledinger
Land, l. der Ems das Reiderland, n. vom Dollart die Krummhörn,
n. von der viereckigen, immer mehr znschlammenden Ley-Bucht, au der N.w.-
küste, das Norder- und, weiter ö., das Harlingerland.
Auf den Tangen, die aus dem Bourtanger Moore bis ins Reiderland ziehen,
liegen stattliche, langgestreckte Ortschaften, die in ihrem Gepräge an das Alte Land er-
innern, während im Nord er- und imharlinger-Lande die Gehöfte meist vereinzelt
auf Werften <Wurten> stehen. Das Reiderland besitzt die fruchtbarsten Polder, denn viel
hat man der Ems bereits von ihrem Raube wieder abgerungen. Die Krummhörn
(d. i. entweder die Grimme Hörn, oder so benannt nach den auffällig krummen Wegen)
ist von Kanälen durchzogen, die zum Teil bei Emden münden (f. Bild S 53). Um die
Emsmündung herum liegt der Boden unter der Durchschnittshöhe des Meeres, überhaupt
kein Punkt des ostfriesischen Festlandes, ausgenommen den künstlich aufgeschütteten, 25 m
hohen Plitenberg bei Leer, höher als 20 in.
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Landeskunde von Braunschweig und Hannover.
Über dem n. Atlantischen Ozean ist der Luftdruck meistens sehr gering, das Queck-
silber im Barometer steht niedrig: es bildet sich sehr leicht ein barometrisches Minimum.
Nach dem Orte eines solchen strömen die Winde von allen Seiten zusammen, und indem
es n.o.-wärts an den Küsten Europas vorüberwandert, zieht es die westlichen Winde über
unser Land spiralförmig nach sich. Der N.w.-Wind ist zwar nicht der am häufigsteu
auftretende, aber der ranheste und heftigste; davon zeugen die Bäume, die sich nach S.o.
hinüberbiegen und an der „Wetterseite" mit Moos und Schorf bekleiden. An der Küste
hemmt der N.w. den Baumwuchs, auf den Inseln gedeihen Bäume ungeschützt nicht
mehr. Plötzliches Hereinbrechen kalter N.- und O.-Winde erzeugt im Mai die Kälte-Rück-
fälle mit den schädlichen Nachtfrösten, die häufig um den 11.—13. Mai einfallen, daher
der böse Ruf der „drei gestrengen Herren": Mamertus, Pankratius, Servatius.
Durch die jäh und rasch wechselnd einsetzenden Winde wird namentlich das Küstenklima
sehr veränderlich. — Hier weht an heißen Tagen die Luft vom Meere während des
Tages als Seewind nach dem stärker erwärmten Lande, umgekehrt des Nachts der Land-
wind nach dem alsdann wärmeren Meere.
4) Den Seewinden verdanken wir es, daß unsere Heimat in ihren küsten-
nahen Teilen eine um etwa 60 mm größere Regenhöhe hat als das nord-
deutsche Flachland im allgemeinen. Die nach N.w. gerichteten Ecken unserer
Mittelgebirge fangen die meisten Regenwolken auf; s. den Brocken S. 6.
Der trockenste Monat ist der April, der regenreichste der Heu- und Ferien-
monat Juli. An den Küsten ist auch der Herbst sehr regenreich.
Die größte Regenhöhe an einem Tage ist mit 72 mm bei Klansthal beobachtet.
An Schnectagen zählt Lingen 18, Brauuschweig 41. Klausthal 72, der Brocken 244 im
Mittel. Die Gewitter treten am häufigsten im Juli auf, aus der „Gewitterecke", dem
Südwesten, kommend.
Iv. Pflanzen- und Tierleben.
Die Bodenbedeckung, die einem großen Teile unseres Gebietes sein eigenartiges Ge-
präge giebt, ist das Heidekraut, überwiegend bestehend aus der gemeinen Heide
(Calluna vulgaris), daneben aus der fröhlicher aussehenden Doppheide (Erica tetralix).
Sie bedecken im R.b. Lüneburg gegen 22, in Stade 28, Osnabrück 32^ des Bodens.
Sie geben aber nach der Auffassung hannoverscher Forstleute eine höhere Grnndrente,
als wenn sie „zur Hebung der Landeskultur" in Kiefernwälder verwandelt würden.
Entstanden sind die Heiden zum Teil aus sich selbst heraus durch die Ungunst des Bodens,
dessen feiner, kalkloser Sand nicht feucht genug ist, um Grasrasen zu erhalten. Wird der
Boden hinreichend durchfeuchtet, so schwindet die Calhma und macht anderen Gewächsen
Platz. Sie kommt demnach nur auf Sandboden und im Hoch-, nicht im Tiefmoore vor.
Die Calhma fchwiudet aber auch, wenn der Heideboden sich selbst überlassen ist und
durch menschliches Eingreifen in keiner Weise gestört wird, denn alsdann wird sie in
verhältnismäßig knrzer Zeit vom Waldwnchse überzogen, der noch im Mittelalter unsere
jetzigen Heideflächen bedeckt hat, aber durch unverständige Forstwirtschaft, im Lüneburgischen
durch den Holzbedarf des uralten Salzwerkes, zerstört wurde. Der Kreislauf muß danach
im allgemeinen folgender gewesen sein: Der Wald geht durch menschliches Eingreifen
ein, sein Boden versumpft und vermoort, auf den völlig ausgewachsenen und damit ab-
sterbenden Mooren (Hochmooren) siedelt sich die Heide an, und diese würde wieder dem
Buschwalde weichen, wenn der Mensch nicht ihren Bestand künstlich unterhielte. Es giebt
bei uns keine sogenannten „Urheiden", denn die Calluna wird nur etwa 15 Jahre alt,
wird aber immer wieder durch Plaggenhieb und Weide gezwungen sich zu erneuern, wobei
der.viehbiß, der den Wacholder verschont, den Waldwuchs unterdrücktl). — Eine Eharakter-
1) Ernst L. L. Krause, Die Existenzbedingungen der nordwestdeutschen Heidefelder
(Globus 1895, Bd. 70).
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Extrahierte Personennamen: Erica Ernst_L._L._Krause Ernst